Niedersachsen fördert Barrierefreiheit in ländlichen Arztpraxen – Ein Armutszeugnis?

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung hat angekündigt, rund 800.000 Euro bereitzustellen, um Hausärztinnen und Hausärzte auf dem Land bei der barrierefreien Ausgestaltung ihrer Praxen zu unterstützen. Diese Mittel sollen für die Anschaffung höhenverstellbarer Untersuchungsmöbel und bauliche Änderungen verwendet werden, um die Zugänglichkeit der Praxen für Rollstuhlfahrende zu erleichtern. Zusätzlich sollen behindertengerechte Parkplätze und Toilettenanlagen eingerichtet sowie Orientierungshilfen für sehbehinderte oder hörgeschädigte Patientinnen und Patienten und barrierefreie Kommunikationsmittel etabliert werden.

Gefördert werden bestehende Praxen in Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Abwicklung der Förderung erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die die Mittel an die Hausärztinnen und Hausärzte weiterleitet.

Doch wie effektiv ist diese Förderung wirklich? Niedersachsen hat etwa 6.642 Hausarztpraxen, von denen geschätzte 50% – also rund 3.321 Praxen – auf dem Land sind. Wenn man die bereitgestellten 800.000 Euro gleichmäßig auf diese Praxen verteilt, ergibt sich eine Unterstützung von lediglich etwa 240 Euro pro Praxis. Diese Summe reicht kaum aus, um das Praxisschild in Brailleschrift umzusetzen.

Die Bereitstellung dieser Mittel zeigt jedoch die Diskrepanz zwischen politischem Anspruch und tatsächlicher Umsetzung der seit 15 Jahren ratifizierten Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Ein Betrag von 240 Euro pro Praxis ist bestenfalls symbolisch und stellt keine wirkliche Unterstützung dar.

Die Kosten für höhenverstellbare Untersuchungsmöbel, bauliche Änderungen, behindertengerechte Parkplätze, Toilettenanlagen und Orientierungshilfen sind erheblich höher und werden wohl zu Lasten der Praxisbesitzer gehen. Ein weiterer Anreiz die ländliche Praxis aufzugeben?

Es wird deutlich, dass die Förderung weit hinter den Erwartungen und Bedürfnissen zurückbleibt. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie politische Maßnahmen unzureichend finanziert werden, um einen echten, positiven Einfluss auf die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen zu haben. Hier wäre eine signifikante Erhöhung der Mittel notwendig, um das Ziel der Barrierefreiheit in ländlichen Arztpraxen tatsächlich zu erreichen und nicht nur als Lippenbekenntnis zu hinterlassen.