30 Jahre Pflege-Versicherungsgesetz

Etappen des Gesetzgebungsverfahrens

Vorausgegangen war ein regelrechter Gesetzgebungsmarathon. Die erste Lesung des Gesetzentwurfs von CDU/CSU und FDP zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit fand am 1. Juli 1993 statt. Später brachte auch die Bundesregierung ihren wortgleichen Gesetzentwurf ins Parlament ein.

Am 20. Oktober 1993, fand die abschließende Beratung der Vorlagen im federführenden Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung (damaliger Bundesarbeitsminister war Norbert Blüm) statt. In der namentlichen Abstimmung am 22. Oktober 1993, stimmten 322 von 556 Abgeordneten für das Gesetz, 227 dagegen. Es gab sieben Enthaltungen.

Zwei Vermittlungsverfahren

Daraufhin rief der Bundesrat am 5. November 1993 den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat an, der dazu am 9. Dezember 1993 eine Beschlussempfehlung vorlegte, über die der Bundestag am 10. Dezember namentlich abstimmte und der Empfehlung zustimmte. Doch der Bundesrat lehnte das Vermittlungsergebnis ab und die Bundesregierung rief am 21. Dezember 1993 erneut den Vermittlungsausschuss an. Während dieses 2. Vermittlungsverfahrens beschloss der Bundestag in einer vereinbarten Debatte am 11. März 1994 mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP einen Entschließungsantrag zum Thema Pflegeversicherung.

Mehrheit in Bundestag und Bundesrat

Der Vermittlungsausschuss einigte sich schließlich am 21. April 1994 und legte dem Bundestag erneut eine Beschlussempfehlung vor. Sie fand am 22. April 1994 im Plenum des Bundestages bei Gegenstimmen aus der FDP, der PDS/Linke Liste und von Bündnis 90/Die Grünen sowie bei drei Enthaltungen eine Mehrheit. Eine Woche später, am 29. April 1994, stimmte auch der Bundesrat dem Vermittlungsvorschlag zu – einstimmig. So konnte das Pflege-Versicherungsgesetz am 01.01.1995 in Kraft treten. Dieses Gesetz, mit dem eine Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt wurde, bildete nach Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung eine weitere Säule des Sozialstaates.

Pflegestärkungsgesetze und Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz (PUEG)

In den folgenden Jahren wurden die Leistungen der Pflegeversicherung erweitert, wodurch auch die Beiträge gestiegen sind. Dafür wurden mehrere Pflegestärkungsgesetze verabschiedet und auch ein Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz (PUEG).

Wo stehen wir heute, 30 Jahre danach?

Jetzt, 30 Jahre nach ihrer Gründung steht die Pflegeversicherung in Deutschland vor großen Herausforderungen: In einer immer älter werdenden Gesellschaft sind immer mehr Menschen immer länger auf Pflege angewiesen, die Nachfrage nach vollstationären Pflegeplätzen übersteigt das Angebot. Dennoch stehen Zimmer in Pflegeheimen leer, weil Personal fehlt. Viele Heimbewohner können die hohen Eigenleistungsanteile für ihre Pflege nicht bezahlen. Ähnlich ist es auch in der ambulanten Pflege. Auch hier übersteigt die Nachfrage das Angebot, weil auch bei den Pflegediensten nicht ausreichend Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Da bleibt oft nur die Möglichkeit, dass Angehörige die Pflege übernehmen und dafür ihre Berufstätigkeit einschränken oder aufgeben müssen.

Allen Beteiligten ist klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, soll die Pflege für alle verfügbar und halbwegs bezahlbar bleiben. Doch es herrscht Uneinigkeit bei den Beteiligten und auch bei den Politikern, an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte. Der noch amtierende Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schlägt eine Bürgerversicherung für die Pflege vor. Als einen wichtigen Punkt für zukunftsfähige Pflege nennt er zudem das Pflegekompetenzgesetz (PKG), das allerdings noch nicht vom Bundestag beschlossen ist.

Für die neue Bundesregierung besteht viel Handlungsbedarf, wenn unser Gesundheitssystem und die Pflegesituation keinen Kollaps erleiden sondern auch in Zukunft handlungsfähig bleiben sollen.